Nordrhein-Westfälische Schweinehaltung neu gestalten – Bäuerinnen und Bauern auf ihrem Weg zu einer artgerechten Tierhaltung unterstützen!
In der Plenarsitzung am 11. Oktober 2017 war es soweit. Für meine Fraktion durfte ich erstmals in "die Bütt". Das Thema war und ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich freue mich, dass ich eine Lanze für die Landwirtschaft brechen konnte.
Meine Rede finden Sie nachfolgend im Wortlaut.
Rede TOP 4 „Nordrhein-Westfälische Schweinehaltung neu gestalten – Bäuerinnen und Bauern auf ihrem Weg zu einer artgerechten Tierhaltung unterstützen!, 11.10.2017
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, als Mensch, der lange in der Landwirtschaft beschäftigt war, blicke ich natürlich mit ganz besonderem Augenmerk auf den Antrag der Grünen. Ich kann hier nur sagen hört, hört. Leider bin ich doch arg enttäuscht. Hier wird gesagt wir befänden und in NRW nicht auf dem legalen Stand der Nutztierhaltung.
Der uns vorliegende Antrag der Grünen entbehrt leider jedweder ökonomischen Vernunft und geht mittels Ökopopulismus mit einer ganzen Berufsgruppe zu hart in Gericht. Für jeden vernünftigen Schweinehalter, sehr verehrte Damen und Herren, ist dies ein provozierender Schlag ins Gesicht. Einer der Gründe, weshalb ich mich politisch engagiere und heute hier stehe, ist, dass ich ideologisch gelenkte Politik ablehne.
Die Ziele, die hier verfolgt werden, sind teilweise ja gar nicht so schlecht, aber auch hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht der Ton die Musik. Sie unterstellen, jeder konventionelle Tierhalter sei ein potentieller Tierquäler und Umweltsünder. Wieder einmal werden ideologische Aussagen verwendet, um Stimmung gegen einen hoch angesehenen Berufsstand zu machen.
Aus der repräsentativen Emnid-Untersuchung zum Image der Landwirtschaft 2017 geht hervor, dass der landwirtschaftliche Beruf als einer der wichtigsten und zukunftsträchtigsten Berufe gilt.
Im Ranking ist der Landwirt auf Platz 2 nach Platz 3 (2012) vorgerückt. Er liegt hinter dem Arztberuf und knapp vor dem Polizisten.
Ihr Antrag zielt darauf ab, die Landwirtschaft an den Anfang des vergangenen Jahrhunderts zurückzuwerfen. Befördert wird diese Sichtweise durch die immer noch zu häufigen unrealistischen Bilder der Lebensmittelwerbung oder die Darstellung in Kinder- und Schulbüchern. Umso wichtiger ist eine gute Aufklärung über das, was Landwirtschaft heute wirklich ist, was sie leistet, welche Funktionen sie hat und wie sie in der heutigen Zeit arbeitet.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass in den letzten 30 Jahren ständig an den Verbesserungen der Haltungsbedingungen gearbeitet wurde. Wie können Sie dann schreiben, in erster Linie würden die Tiere leiden? Das ist sachlich nicht begründet. Das auf Bundesebene praktizierte Prinzip der „verbindlichen Freiwilligkeit“ lässt den Handelnden Spielraum und fördert die Eigeninitiative. Fortschritte in der Tierhaltung werden aber ebenso eingefordert.
Am Ende möchten doch alle Beteiligten eine flächendeckende Verbesserung beim Tierschutz erreichen. Wir wollen zusammen mit allen beteiligten Ebenen die Landwirtschaft wieder zukunftssicher machen.
Dazu sind alle Markteilnehmer gefordert: die Produzenten und Verarbeiter sowie der Handel und die Verbraucher. Letztere haben durch ihr Konsumverhalten einen großen Einfluss auf diesen Prozess. Durch das Einkaufsverhalten kann jeder Einzelne Verantwortung übernehmen und Impulse für mehr Tierwohl in der Erzeugung setzen.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat vor kurzem seine Nutztierhaltungsstrategie vorgestellt. Dieses Papier stellt ausführlich dar, wie eine zukunftsfähige Nutztierhaltung in Deutschland aussehen müsste und wie die zentralen Herausforderungen in diesem Zusammenhang angegangen werden können.
Mit dieser Grundlage sollten wir arbeiten. Nur einer von vielen Bereichen dieser Strategie ist das Anfang 2017 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vorgestellte Tierwohllabel. Dieses greift die Wünsche der Verbraucher nach mehr Tierwohl und mehr Transparenz auf. Das Label ist kein Selbstzweck und Teil der Tierwohl-Initiative des BMEL. Es soll dem Verbrauchervertrauen dienen und die Wertschöpfung für die Tierhaltung verbessern.
Laut Umfragen sind die Verbraucher ja bereit auch mehr für die Produkte zu zahlen, wenn die angesprochenen Faktoren erfüllt sind. Der Aufbau eines solchen Labels ist aber ein komplexer Prozess, bei dem viele Aspekte zu berücksichtigen sind. Frühestens 2018 sollen erste Betriebe zertifiziert werden. Die ersten, in zehn Eckpunkten zusammengefassten Erfolge der Tierwohl-Initiative, schlagen aber jetzt schon zu Buche*. Dem Label schon heute, Monate vor dem Start im Handel, das Gelingen abzusprechen ist schlicht unverschämt und nicht konstruktiv.
Noch bevor alle Maßnahmen initiiert und vollständig ausgewertet sind, wird hier die Bundesbehörde von ihrer Fähigkeit losgesprochen. Das Ziel der Regierungskoalition ist es, auf Grundlage des WBA-Gutachtens die Rahmenbedingungen für nachhaltige, ökonomische und am Tierwohl orientierte Nutztierhaltung – speziell bei der Schweinehaltung – zu evaluieren und auf dieser Basis ein überarbeitetes Konzept für Nordrhein-Westfalen aufzustellen.
Hierbei möchte die Koalition aus CDU und FDP alle Akteure befragen und am Evaluierungsprozess beteiligen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ich freue mich auf eine sachliche Auseinandersetzung im Fachausschuss! Dort werden wir sehen, inwieweit Sie das Ziel „Bäuerinnen und Bauern auf ihrem Weg zu einer artgerechten Tierhaltung zu unterstützen“, ernsthaft verfolgen. Herzlichen Dank.
* • 4. Eckpunkt: Tierschutz bei Schlachtungen: Seit dem 1. Juli 2017 ist in Deutschland das Schlachten hochträchtiger Tiere außer in absoluten Ausnahmefällen wie Nottötungen verboten. •
4. Eckpunkt: Tierschutz bei Schlachtungen: Bei der frühzeitigen Geschlechtsbestimmung im Ei soll ein bereits erfolgreich entwickeltes Verfahren in die breite Praxis übertragen werden. Diesen Prozess begleitet das BMEL aktiv. Es setzt sich für ein rasches Ende dieser Tötungspraxis ein. •
6. Eckpunkt: Höhere Standards auf EU-Ebene: Deutschland hat im Dezember 2014 gemeinsam mit seinen Nachbarn Dänemark und den Niederlanden eine gemeinsame Grundsatzerklärung zum Tierwohl verabschiedet. •
7. Eckpunkt: Forschung für mehr Tierwohl: Eine Vielzahl von Forschungsprojekten wurde erfolgreich abgeschlossen. Unter anderem ist die Forschung zur Entwicklung eines Verfahrens zur frühzeitigen Geschlechtsbestimmung im befruchteten Hühnerei weit fortgeschritten. Mit dem Verfahren soll in absehbarer Zeit das Töten von Eintagsküken beendet werden.